Geschichten aus Kreta

Von Frente, Mirthios.

Gerakina, Teil 1

Gerakinas Türklinke symbolisiert das alte Kreta wie kaum etwas anderes (außer Gerakina selber). Das Hineingehen in ihr Kafenio ist harmlos, doch das Herausgehen tut weh.

Jeder Fremde, der zum ersten Mal die Tür schließt, klemmt sich unweigerlich den Zeigefinger, eine Wunde, die richtig blutet. Deshalb macht es jeder nur genau einmal. Der eiserne Rahmen der Tür ragt über den Schaft der Klinke, so dass er genau dort, wo man üblicherweise den rechten Zeigefinger beim Schließen der Tür hält, tief ins Fleisch einschneidet.

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Gerakina, Teil 2

Αls jemand, der Gerakina gelegentlich in handwerklichen Belangen hilft, genieße ich ein ganz besonderes Privileg: Ich darf ihr Schlafzimmer betreten. Der simple Grund dafür ist, dass die einzige mit 16 Ampere abgesicherte Steckdose sich in ihrem Schlafzimmer befindet, weil die Waschmaschine dort steht.

Ich nehme mir immer unangemessen viel Zeit zum Ausrollen der Kabeltrommel. Im Schlafzimmer hängen nämlich die Fotos. Gerakina und ihr vor langem verblichener Mann. Gerakina als junges Mädchen im Kreis ihrer Familie.

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Pedros, Teil 1

Als wir unser erstes gemietetes Häuschen im von uns auserkorenen Bergdorf bezogen, trafen wir gleich zu Beginn ihn, Pedros, einen unglaublich fetten Mann undefinierbaren Alters, der wütend halb griechisch halb englisch auf uns einschimpfte. Er stand auf seinem Balkon, und weil er nur eine Unterhose trug, dachten wir, er sei nackt. Es ging irgendwie um unser vollbeladenes Auto, was da nicht stehen könne, obwohl es eigentlich ganz prima da stand. Ich fuhr das Auto 10 Meter weiter zurück und wir luden schwitzend unsere Habe in der Septemberhitze aus.

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Mirthios Kreta

Pedros, Teil 2

Pedros Auto konnte man immer auf den ersten Blick erkennen. Es war der einzige Ford Capri, der auch im unbesetzten Zustand links 10 cm tiefer hing als rechts. Semi-tiefergelegt sozusagen. Der Capri war auch der Grund für die wütende Schimpfe, die wir bei unserem ersten Auftauchen im Dorf bezogen hatten. Wir hatten auf „seinem“ Platz geparkt. Nur weil die Karre ein paar Tage in Manzos’ Werkstatt verbringen musste, war der Platz frei gewesen. Und wir unwissenden Touris stellten uns auf den einzigen Parkplatz, der Pedros nur fünf Meter Fußweg bis zu seinem Hauseingang garantierte.

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Schreiende Bäume

Schon allein der Name ist der blanke Hohn: „Singzikade“. Als ob das entnervende Geschrei auch nur im entferntesten was mit Singen gemein hätte.

Sie schreien, sie kreischen, sie vibrieren unangenehmste Dissonanzen in die mediterrane Welt hinaus. Und zwar genau in dem Frequenzbereich, in dem das menschliche Ohr am empfindlichsten ist: Hörgeräteträger müssen üblicherweise ihre Akustikprothese abschalten sobald Singzikaden in der Nähe sind.

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Enan kafe stin poly (Rauchverbot)

Du setzt dich im Städtchen R. in ein beliebiges Kafeneio ans Fenster und trinkst einen Diplo Metrio. Der kommt natürlich ohne Quittung. Es ist interessant, das Leben auf der Straße zu beobachten:

Ein Roller mit drei Menschen drauf rauscht an dir vorbei, zwei Erwachsene und ein Kind, alle ohne Helm. Ein freundlicher Pakistani ohne Aufenthaltsgenehmigung bietet dir das komplette Kinoprogramm der letzten Jahre auf DVD-Kopien an, nur 3 Euro das Stück! Dann rumpelt ein alter Pickup ohne Lampen und Nummerschild am Kafeneio vorbei. Welch würziger Diesel! Oder eben Heizöl.

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